Die Konzeptkunst von Michaela Pods-Aue

Von Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Borchmeyer
Michaela Pods-Aue lernte ich im Zusammenhang mit ihrem letzten großen Projekt „LUX 40“ im Münchner Postpalast kennen. Es war ein zunächst aberwitzig erscheinender Plan: eine seit Jahrzehnten ausrangierte Postzentrale mit ihrer grandiosen Kuppelarchitektur, die heute eigentlich nur gesellschaftlichen Großereignissen wie den Meisterschaftsfeiern von  Bayern München  dient,  in  einen  Konzertsaal  zu  verwandeln.  Die  Künstlerin  hatte  jedoch  das ingeniöse Gespür, daß das akustisch möglich, ja ein idealer Aufführungsort für bestimmte musikalische Formen sei, die einen Raumklang benötigen, ja gewissermaßen den Raum mitkomponieren. Es ist zumal die mehrchörige Musik der Renaissance, die – wie einst in San Marco in Venedig – auf mehreren Emporen gesungen worden ist. So wurde im Münchner Postpalast die nach fast 500jähriger Vergessenheit auf einem Pariser Dachboden wiederentdeckte 40stimmige Messe „ecco sì beato giorno“ von Alessandro Striggio zu einer ungewöhnlichen Aufführung gebracht. Die vierzig Stimmen wurden über den ganzen Rundraum des Postpalasts verteilt und das Publikum mit der Musik nicht in der üblichen Gegenüberstellung von  Konzertpodium und  Zuhörerraum konfrontiert –    sondern  es  saß mitten im musikalischen Geschehen, wurde im Rund des Postpalasts von allen Seiten von den Chören umtönt : Live-surround. Ein gewaltiges, ganz neuartiges Musikerlebnis, welches das Publikum sichtlich erschütterte und begeisterte.

Woran der Künstlerin aber besonders lag: sie wollte das Publikum nicht in eine vergangene Zeit versetzen, was sie präsentierte, sollte kein museales Ereignis werden, sondern sie brachte – wie bei den meisten ihrer Projekte – auch bei dieser Veranstaltung, deren hingerissener Ohren- und Augenzeuge ich sein durfte, Alte mit Neuer Musik in Verbindung, setzte sie inhaltlich und strukturell zueinander in Beziehung. So holte sie die vielfach rein hermetisch, von einer kleinen Schar von Musikintellektuellen wahrgenommene zeitgenössische Musik aus ihrem Elfenbeinturm und brachte sie einem größeren Publikum nahe.  Bei LUX 40 geschah das durch das Modern String Quartett, welches die Musik Striggios in modernen Improvisationen über ihre Themen aus der Vergangenheit in die Gegenwart übersetzte.

Zu diesem Aspekt trat und tritt in ihren Projekten ein anderer: der synästhetische. Die Künstlerin sucht in den Spuren der Licht-Klang-Experimente seit dem 18. Jahrhundert, zumal Alexander Skrjabins, Musik, Licht und Farbe in Verbindung zu bringen, Musik in Licht zu übersetzen: Lichtmusik. Daher auch der Titel LUX 40. Und darüber hinaus sucht sie Räume zum Klingen zu bringen. Die Aufführungsorte ihrer Konzerte zeichnen sich stets durch eine besondere Architektur aus: sei es die Herz-Jesu Kirche in München, der Mariendom zu Neviges oder eben der Münchner Postpalast – akustisch und architektonisch hochbrisante Räume, die das musikalische Ereignis mit ihrem Stein gewordenen ,Eigenklang’ unterstützen. Um das auch ins rechte Licht zu rücken, werden die Räume beleuchtet. Dabei geht es darum, den  Gehalt  der  Musik  mittels  einer  wohldosierten  Inszenierung  des  architektonischen Umfelds zu verstärken, klarer hervortreten zu lassen und das Publikum so auch auf dieser Ebene zu erreichen.

Durch ihre mehrjährige Zusammenarbeit mit dem Klangforscher Alexander Lauterwasser sucht Michaela Pods-Aue diese Licht-Klang-Raum-Interdependenz über reine Assoziationen hinaus in eine methodisch konsequente Bahn zu lenken. Aus dieser Zusammenarbeit entstand auch das „waternight“- Projekt, bei dem die Wasserklangbilder Alexander Lauterwassers die musikalische Sprache von Orlando di Lasso und anderer Komponisten in Sichtbarkeit überführten. Im Zentrum dieses Projekts stand ein Werk der großen russischen Komponistin Sofia Gubaidulina: „Am Rande des Abgrunds“, die von diesem Projekt tief bewegt war.

Musik, Architektur (als Stein gewordener Klang) und Licht (als sichtbare Schwingung) sollen sich für Michaela Pods-Aue wechselseitig inspirieren. Romantische Synästhesie- Spekulationen (Novalis, Brentano) verbinden sich da mit modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen: daß eben akustische und visuelle Wahrnehmungen immer auch durcheinander erregt werden. Bei der Lichtinszenierung im Postpalast setzte das Lichtlabor Bartenbach, Pionier auf dem Gebiet der Lichtgestaltung, in monatelanger Entwicklungsarbeit ein Lichtdesign um, das die Architektur des Postpalastes in seiner Struktur sichtbar machte, und das noch auf eine äußerst energiesparende Weise. (Für die ganze Inszenierung brauchte man weniger Strom als ein handelsüblicher Fön.)

All das würde wenig helfen, wenn es vom Publikum nicht angenommen würde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Das Publikum weiß wohl, wenn es die synästhetischen musikalischen Veranstaltungen von Michaela Pods-Aue besucht, daß sie eine Sternstunde erwarten dürfen: Musik der Sterne, die nach alter Vorstellung nicht nur leuchten, sondern klingen. Was freilich den überzeugten Anhängern ihrer Kunst wehtut: daß sie, die den Hörern und Zuschauern so viel Freude und eine solche Erweiterung ihres Horizonts vermittelt, anstatt sich ganz auf die künstlerische Seite konzentrieren zu können, die oft heikle unternehmerische Verantwortung für ihre Projekte tragen muß. Zwar hat sie sich die dafür nötigen Kenntnisse in einem berufsbegleitenden MBA-Studium in Zürich angeeignet, aber Pioniere müssen lange arbeiten, bis sie anerkannt werden. Bei Anträgen auf Förderung oder Sponsorengewinnung stößt sie immer wieder an Grenzen: da es so neu ist, kann man kann sich vielfach nicht vorstellen, was es genau sein soll – bis man es selber gesehen hat. Die Tatsache, daß die Künstlerin die Grenzen der Künste auf ein neues Gesamtkunstwerk im modernen Medienzeitalter hin überschreitet, gereicht ihr oft zum Nachteil bei den spartenorientierten Fördereinrichtungen. (Immerhin hat sich bei LUX 40 das Bayerische Fernsehen und auch der Hörfunk dieses Projektes angenommen.)

Das Konzertleben läuft Gefahr, sich auf seinen immer gleichen Bahnen totzulaufen. Doch hier ist eine Künstlerin am Werke, die echte Innovation in die musikalische Aufführungspraxis des 21. Jahrhunderts bringt, mit breiter Publikumswirkung. Das aber braucht Unterstützung – auch von Seiten des Staates, der Unternehmen und Organisationen. Die in zehn erfolgreichen Projekten der letzten fünfzehn Jahre bewiesene Kompetenz von Michaela Pods-Aue, die Reaktionen des Publikums und die Meinungen führender Künstlerkollegen zu ihrer Arbeit dürften Beweis genug sein, daß eine Förderung ihrer zukunftsweisenden Projekte hoch an der Zeit ist.

Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Borchmeyer, Emeritus für Literatur- und Theaterwissenschaft an der Universität Heidelberg, 2004-2013 Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

 

Kunst weicht Kommerz

Konzerte sind dem Postpalast zu „unrentabel“

München, November 2014 – LUX 40 am 5. und 6. April im Postpalast München – ein Ereignis. Zweimal erhob sich das Publikum am Ende der Konzerte – das hat im Münchner Konzertleben Seltenheitswert. Den veranstaltenden Verein erreichten im Anschluss vielfältige Glückwünsche – und der klare Wunsch nach Wiederholung.

Die wurde auch geplant – für den 17. und 18. Januar 2015. Allerdings reichten dem Postpalast die ursprünglichen 15.000 Euro (das Dreifache des Prinzregententheaters) Raummiete nicht. Im Vergleich zu kommerziellen Veranstaltungen wie der Präsentation eines neuen Automodells oder eines Promi-Events: „Unrentabel“, so Hausherr Feinkost Käfer und erhöhte die Raummiete um mehr als 3.000 Euro. Und damit fällt das Wiederholungskonzert LUX 40 II für München aus.  Kein Konzertveranstalter kann solche Kosten erwirtschaften  – es sei denn, es handelt sich um öffentlich subventionierte Institutionen. LUX 40 hat den Postpalast als akustisches Juwel für das Münchner Konzertleben erschlossen – aber bei der Rendite hat die Kunst das Nachsehen. Wer das Konzert miterleben durfte, wird sich noch lange daran erinnern. Was dem Münchner Publikum entgeht: Hier ein kleiner Konzertausschnitt http://youtu.be/KhUiAir2ZJc .

Wer aber den Postpalast in all seiner Pracht einmal erleben möchte:
Promi-Parties wird es dort wohl weiterhin geben.
Schade um den Postpalast. Schade für München.
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Das Konzertvideo LUX 40 – endlich da!

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Live-Mitschnitt des Konzertes am 5. April im Postpalast München.
http://youtu.be/KhUiAir2ZJc (link auf youtube)
Ein schöner Eindruck von der ganz besonderen Atmosphäre und Qualität dieser Konzerte. Enjoy!
music/projects/art, vox nova, Andreas Stadler, Modern String Quartet, Michael Lutzeier, Bartenbach Lichtakademie.
Auszüge aus Alessandro Striggio, Missa ecco si beato giorno, Thomas Tallis, Spem in alium und die Improvisationen über das musikalische Material.
Schnitt: Wolfgang Egartner

 

 

Standing Ovations für LUX 40

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Anders als in der Oper gibt es das im Konzertsaal nicht oft: stehende Ovationen für die Mitwirkenden bei LUX 40 am 5. und 6. April im Postpalast München.

Zwei Gänsehaut-Konzerte – ganz unterschiedlich in ihrer Ausrichtung – versetzten das Publikum in Begeisterung.

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Hier ein paar Auszüge aus den Rückmeldungen:

Es war ein mehr als eindrucksvolles Konzerterlebnis und ich möchte Ihnen noch einmal herzlich zu Ihrem gelungenen Projekt gratulieren. Es war eine wirkliche Freude lichtgestaltend mit dabei sein zu dürfen. Von einigen unserer Kunden habe ich schon sehr positive Dankes-e-mails bekommen – alle haben den Abend genossen und waren beeindruckt von der musikalischen Inszenierung.

Zu Deinem rundum großen Erfolg gratuliere ich Dir herzlich. Es war für uns ein einmaliges Erlebnis, wie Du diesen Abend gestaltet hast. Schon der erste Eindruck, der durch die Beleuchtung entstanden ist, war faszinierend. Wir hatten das Gefühl des Schwebens, wenn wir die Säulen betrachtet haben. Deine musikalische Zusammenstellung ist mehr als nur gelungen. Sie hat uns in andere Welten entführt. Du hast uns einen unvergesslichen Abend geschenkt und dafür bedanken wir uns aufs Herzlichste.

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Dankbar und glücklich habe ich die beiden Konzerte erlebt und bin froh, bei der Abendvorstellung und der Matinee-Aufführung dabei gewesen sein zu können. Alles war bis auf das Kleinste sinnvoll durchdacht und organisiert. Sogar eine „Note“ als Emblem zur Kartenkontrolle gehörte zu dem außergewöhnlichen Konzept. Abgesehen von der Wahl der wieder entdeckten Musik und der Künstler (Sänger von Vox Nova, Modern String Quartet, Saxophonist, Lichtgestalter) war die hervorragende Akustik des besonderen Raumes bestechend. Sie schwang die Stimmen hin zu Glockentönen. Der Abschlusskanon wirkte fast wie ein verklingendes Kirchengeläut. Auch wurde durch Deine Blockaufteilung der Musikfolgen eine wunderbare Rhythmisierung der unterschiedlichen Klangbereiche und Epochen bewirkt. Gelungen! Gerne bin ich am Abend der Lichtgestaltung gefolgt, habe aber die Wirkung der Musik am Vormittag in der (leider) kleineren Runde mit feuchten Augen als größeres „Gänsehautfeeling“ empfunden. Auch die anderen Damen haben das Ganze ähnlich gefühlt. Ich kann aber nicht alle Lobes-und Dankesbezeugungen wiedergeben, habe jedoch versprochen ihre Freude und ihren Dank an Dich weiterzuleiten. Zwar wollten sie es persönlich sagen, Dich aber in der Konzert Abschlussphase nicht stören. Ihre einhellige Meinung: es wäre ein Jammer, könnte dieses tolle Konzept nicht noch anderweitig zum Tragen kommen. Abschließend: ganz herzlichen Glückwunsch, Dank und liebe Grüße

Besonders hat alle das Zusammenwirken von Sänger Streicher, Sax und Raum fasziniert und die Tiefe der Versenkung. (der Klappsessel, denn: irgendwie abgetaucht zum inneren Wellness ist jeder bei der Packung)

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‚das Konzert gestern war ein wunderbarer Zusammenklang vom sakralen Chor, dem Jazz – Saxophonisten und dem MSQ, das die alte und neue Musik so elegant und ergreifend verbunden hat. Ein ergreifendes multisensorisches Erlebnis! Danke für den Tipp.‘

‚Eure Improvisationen fand ich am schönsten, gerade auch die letzte, aber auch die erste, ich fand sie alle gut, präzise schön und zart, Ein schönes Konzert, danke für die Einladung‘

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‚vielen Dank für Deine Einladung zum LUX 40. Wir waren alle 3 sehr angetan, es war ein ganz besonderes, schönes Erlebnis, das ich so gar nicht erwartet hatte. Diese wunderschönen Stimmen von allen Seiten hatten etwas Verzauberndes und ich habe mich gefühlt wie in einem optisch-akustischen Märchengarten. Auch die sich abwechselnden Musikformen mit Quartett und Saxophon haben für meine Ohren sehr gut zusammengepaßt und mit der harmonischen Beleuchtung ein einzigartiges Raumgefühl vermittelt.‘

Tolles Konzerterlebnis Lux 40. Vielen Dank für den einzigartigen Abend.

EIN EREIGNIS – HERZLICHER GLÜCKWUNSCH!!!

Fantastisches Konzert/Ereignis im Postpalast gestern Abend (5. April). Herzlichen Glückwunsch und von Herzen Dankeschön!

Es war ein Traum gestern …. Am Anfang irritierte mich die Kombination von Chor, Saxophon und Modern String Quartett, aber nur am Anfang. Dann fügte sich alles, wuchs immer stärker zusammen und steigert sich in der Wirkung. Wunderschön gelöst war auch das Ende, als die Chormitglieder bei der Zugabe langsam, singend den Raum verliessen und so der Klang langsam aus dem Raum getragen wurde … Viele hatten beim Applaus, der nicht enden wollte, Tränen in den Augen. Danke, Michaela Pods-Aue, für den traumhaften Abend. Und viel Erfolg und Gäste noch für die Matinee-Veranstaltung heute.

Es war eine Sternstunde. Eine Großtat und Sie haben sich damit ein echtes Verdienst erworben.

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Jede Sekunde dieses Konzertes hat die Reise von Düsseldorf nach München gelohnt. Gratulation!

Tausend Dank für ein eindrucksvolles Konzerterlebnis und unsere Hochachtung für eine unglaubliche Chorleistung! Es hat uns sehr, sehr gut gefallen! Wir freuen uns aufs nächste Mal!

Das Konzert/Projekt war wirklich ausgezeichnet, die Verbindung klassisch und modern gelungen. Wir haben den Abend genossen.

Es war ganz toll am Samstag, wirklich ein Erlebnis.Ihr singt wunderbar!

Danke für ein außergewöhnliches Konzerterlebnis. So müsste man es öfter machen: hervorragende Künstler lassen Klang, Licht und Raum verschmelzen. Wie muss das erst Samstag Nacht gelungen sein, konnte aber leider nur Sonntag Mittag.

Vor allem der immer wieder neu geordnete Chor hat wirklich himmlisch geklungen und mich sehr bewegt. Falls es eine Wiederholung in München gibt, bitte Bescheid geben.Ich würde sofort Werbung dafür machen.

Ich habe schon in vielen Kathedralen viele Konzerte gehört, aber solch eine Akustik habe ich noch nicht erlebt.

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Einleuchten im Postpalast für LUX 40

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Es war ein gigantisches Erlebnis. Einleuchten im Postpalast für die LUX40 Konzerte am 5. und 6. April. Auf Facebook Einleuchten im Postpalast für LUX 40 kann man sich einen Eindruck davon verschaffen, was LUX 40 sein wird: DAS Konzert im Münchner Frühling. Oder – wie ein Fernseh-Redakteur es nannte – MoMa in München. Karten gibt es bei München Ticket und bei MuniqueART. Aber man sollte nicht warten, bis am Freitag  das Bayerische Fernsehen in der Abendschau einen Vorbericht sendet…